„Optimierung der Bürgerbeteiligung“ in der Weststadt in Leer? oder wie basisdemokratische Mitbestimmung und Bürgerbeteiligung in der Stadt Leer abgebaut werden. Eine Farce in drei Akten.
Städtische Initiative zur Abschaffung der Bürgerbeteiligung. Kein
Runder Tisch mehr in der Weststadt
Am 16. August 2024 verschickte die Stadtverwaltung Leer eine Vorlage des Bürgermeis-
ters Claus Peter Horst an die Ratsmitglieder mit dem Titel „Optimierung der Bürgerbetei-
ligung im Sanierungsgebiet Leer-Weststadt“. Trotz dieses Titels war damit die Abschaf-
fung des Runden Tischs und der Sanierungskommission für die Weststadt als den we-
sentlichen Formen der Bürgerbeteiligung von unten gemeint.
Die Sitzungsvorlage vom 16. August 2024 wurde bereits am 13. August 2024 erstellt. Bei
einer außerordentlichen Sitzung zum Thema „Entwässerung in der Weststadt“ noch am
27. August 2024 wurde den zahlreichen Teilnehmern aus der Weststadt das Vorhaben
nicht kommuniziert. Mitglieder des Runden Tischs haben erst eher zufällig am 8. Sep-
tember von diesem Vorhaben erfahren. Die klammheimliche Vorgehensweise zur Vorbe-
reitung der Auflösung hat jegliche Diskussion mit den betroffenen Bürgern verhindert.
In drei ungewöhnlich eng aufeinanderfolgenden Sitzungen der städtischen Gremien wur-
de die Vorlage zur „Optimierung der Bürgerbeteiligung“ am 10. September im Ausschuss
für Stadtentwicklung, am 11. September im Verwaltungsausschuss und am Donnerstag,
12. September, in der Ratssitzung behandelt und schließlich verabschiedet. Dem Run-
den Tisch und der Sanierungskommission wurde keine Möglichkeit zur Stellungnahme
gegeben.
Die Sitzungsvorlage lautet:
„Optimierung der Bürgerbeteiligung im Sanierungsgebiet Leer-Weststadt
Begründung:
„[…] Nach Beschluss des Rahmenplanes ging die Beteiligung an den Sitzungen des Run-
den Tisches sukzessive zurück und in den Jahren 2023/2024 lag die Zahl der Teilneh-
menden bei ca. 15-20. Auch bei zuvor intensiv und strittig diskutierten Themen wie der
Entwässerung lag die Zahl der Teilnehmenden bei deutlich unter 20, obwohl zuvor der
Wunsch nach einer außerordentlichen Sitzung zur Behandlung dieses Themas geäußert
worden war. Die Verwaltung versuchte eine höhere Teilnehmeranzahl mit einem Orts-
wechsel in die Tagesstätte Tandem, Pagels Garten, und einer zeitlichen Änderung des
Sitzungsbeginns (Verschiebung von 19:30 Uhr auf 18:00 Uhr) zu erwirken. Diese Maß-
nahmen blieben jedoch erfolglos. Die verbliebenen Teilnehmer äußerten daraufhin den
Wunsch, in die alten Räumlichkeiten (Festsaal des historischen Rathauses) zurück-zu-
kehren.
Die Verwaltung sieht die Einbindung der Bürger als wichtigen und richtigen Bestandteil der
Sanierung. Aufgrund der Entwicklung der letzten Monate lässt sich jedoch aus der
Teilnehmeranzahl schließen, dass die Art der Bürgerbeteiligung in Form des Runden
Tisches (förmliche Sitzung) für das Sanierungsgebiet Weststadt nicht die richtige ist, da
sie bei den Bürgern nicht den größten Anklang findet. Die Verwaltung hat sich daher in
Zusammenarbeit mit dem Sanierungsträger Gedanken gemacht, was der bestmögliche
Weg zum Austausch mit den Bürgern sein könnte. Parallel zu den Sitzungen des Runden
Tisches und der Sanierungskommission wurden zu den konkreten Einzelmaßnahmen
bereits in der Vergangenheit Beteiligungsangebote für die Anlieger (sowie alle Interes-
sierten) durchgeführt – insbesondere zu den verschiedenen bereits umgesetzten bzw.
begonnenen Straßenbaumaßnahmen, weiterhin zum Spielplatz Wendekamp. Diese auf
jeweils eine Einzelmaßnahme bezogene Beteiligung, in der konkrete Planungen erläutert
und diskutiert werden, wurde in den letzten Jahren von einer Vielzahl Anlieger wahrge-
nommen (durchschnittlich 20-60 Teilnehmer). Die Treffen wurden mehrheitlich im Haus
Hermann durchgeführt. Aufgrund der Vielzahl der Interessierten fand die zweite Anlieger-
versammlung zu den Straßen Torumer Straße / Wynhamer Straße / Dollartstraße / Enno-
Ludwig-Str. ebenfalls im Festsaal des historischen Rathauses statt, da die Räumlichkei-
ten im Haus Hermann nicht ausreichten.
Vor dem Hintergrund dieser sehr unterschiedlichen Akzeptanz der verschiedenen Betei-
ligungsangebote wird vorgeschlagen, künftig die Bürgerbeteiligung im Sanierungsgebiet
Weststadt als maßnahmebezogene Beteiligung durchzuführen und den Runden Tisch als
übergeordnete und eher abstrakte Beteiligungsform einzustellen, da mit dem Rah-
menplan die generellen Ziele der Sanierung formuliert wurden und sich auch aus dem
Projektverlauf die einzelmaßnahmenbezogene Beteiligung im Zuge der Umsetzung sinn-
voll anschließt. Mit der optimierten Beteiligungsform soll zukünftig ein breiteres Publi-kum
erreicht werden.
Aus der Einstellung des Runden Tisches ergibt sich, dass auch die Sanierungskommis-
sion ihre Grundlage verliert, da die Bürgervertreter in der Sanierungskommission vom
Runden Tisch entsandt werden. Mit dem Rahmenplan, der am Runden Tisch breit disku-
tiert wurde, liegt das Konzept für die Sanierung Weststadt vor.
Vorgeschlagen wird, auch künftig die Einzelmaßnahmen vor Umsetzung mit den Betrof-
fenen sowie der interessierten Öffentlichkeit zu diskutieren (Einladung über den News-
letter) und dann im zuständigen Fachausschuss zu beraten. Diese Art der Beteiligung
erfüllt aus Sicht der Verwaltung auch die Vorschriften des § 137 BauGB und führt ins-
gesamt dazu, dass der Diskussions- und Entscheidungsprozess verschlankt wird.
Selbstverständlich stehen das Sanierungsbüro, die Gemeinwesenarbeit im Haus Her-
mann sowie die Mitarbeiter im Rathaus auch künftig für eine persönliche Kontakt-
aufnahme zur Verfügung.“
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen