Am 27. 11. 2024 hat im Rathaus der Ausschuss für Stadtentwicklung getagt und u. a. über eine Sitzungsvorlage vom 22. 10. 2024 zum Tagesordnungspunkt „Anpassung des Rahmenplanes Leer-Weststadt“ entschieden.
Die Vorlage des Bürgermeisters nennt die Gründe für die „Anpassung“: Der im Dezember 2019 beschlossene Rahmenplan für das Sanierungsgebiet Leer-Weststadt formuliere mit seinen im Anhang festgelegten „Baulichen Vorgaben“ aus der Sicht der Planer „sehr restriktive Regelungen“ für die bauliche Entwicklung im Sanierungsgebiet. Damit wollte der Rat der Stadt Leer 2019 in der Übergangsphase bis zur Verabschiedung neuer Bebauungspläne Bauvorhaben vermeiden, die späteren Bebauungsplänen widersprochen hätten. Zugleich sollte so eine unverhältnismäßige Nachverdichtung durch Mehrfamilienhäuser in den Einfamilienhauswohngebieten („große Klötze“) verhindert werden. Der Rahmenplan Weststadt sah in der letzten vom Stadtrat verabschiedeten Fassung aber keinen Entscheidungspielraum für Abweichungen von den Vorgaben vor. Dadurch habe man Bauvorhaben, die aus der Sicht der Planer „an sich sinnvoll“ gewesen wären, wegen „geringer Abweichungen“ ablehnen müssen.
Der Bürgermeister legte dem Ausschuss für Stadtentwicklung deshalb einen Beschluss zur Abstimmung vor, mit dem man in Zukunft die baulichen Vorgaben des Rahmenplans weniger restriktiv handhaben könne. Man wolle „geringe Abweichungen“ tolerabel machen, um damit auch in Grenzfällen eine sanierungsrechtliche Genehmigung zu ermöglichen. In Zukunft solle der regelmäßig nicht-öffentlich tagende Verwaltungsausschuss relativ kurzfristig über „fachlich vertretbare Abweichungen“ vom Rahmenplan beschließen können.
In der Einwohnerfragestunde wurden vor der Abstimmung über diesen Tagesordnungspunkt zwei Fragen gestellt:
Wie kann sichergestellt werden, dass die sehr vagen Formulierungen der Beschlussvorlage nicht dazu führen, Bauprojekte weit jenseits der Vorgaben des Rahmenplans zu ermöglichen, so dass es doch zur Errichtung der „großen Klötze“ kommt?
Wie kann angesichts der Entscheidungen im nicht-öffentlich tagenden Verwaltungsausschuss im Sanierungsgebiet dennoch Transparenz über die Fortentwicklung des Quartiers hergestellt werden?
Letztere Frage wurde kurz damit beantwortet, dass der Verwaltungsausschuss immer schon nicht-öffentlich getagt habe. Damit ist aber die Frage nach den Möglichkeiten zur Schaffung von mehr Transparenz über Planung und Bauvorhaben im Sanierungsgebiet nicht beantwortet worden.
Zur ersten Frage wurde geantwortet, dass man sich bei den Genehmigungen immer im Rahmen des Baurechts bewege. Das Ziel sei die Schaffung zusätzlichen Wohnraums.
Nach Aussagen eines Vertreters der Sanierungsverwaltung und eines Ratsmitglieds der Grünen sei es in den dem Ausschuss für die Entscheidungsfindung vorgelegten Fällen tatsächlich nur um sehr geringe Abweichungen gegangen. Man könne nicht verantworten, diese abzulehnen, wenn dadurch Bauvorhaben verhindert würden. Dazu nahm abschließend der Fraktionsvorsitzende der SPD, Heinz Dieter Schmidt, noch einmal Stellung: Seine Fraktion würde im Vertrauen auf das Fachpersonal auch größeren fachlich vertretbaren Abweichungen vom Rahmenplan zustimmen.
Abschließend stimmte der Ausschuss für Stadtentwicklung folgender Beschlussvorlage zu: „Die ‚baulichen Vorgaben‘ zum Rahmenplan des Sanierungsgebietes Leer-Weststadt werden dahingehend fortgeschrieben, dass geringe Abweichungen / Überschreitungen nicht grundsätzlich zu einer Versagung der sanierungsrechtlichen Genehmigung führen. Beschlüsse zur Zulassung von Abweichungen fasst der Verwaltungsausschuss für jeden Einzelfall.“
Der Stadtrat hatte bereits 2019 die im Entwurf des Runden Tischs Weststadt vorgeschlagenen baulichen Vorgaben deutlich gelockert. Jetzt fasst er seine selbst gesteckten Grenzen noch einmal unschärfer. Wer definiert, was zulässig ist und was nicht? Wann kommt ein gültiger Bebauungsplan, der sich nicht einfach durch Ratsbeschluss aufweichen lässt?
Nach der Wortmeldung von Heinz Dieter Schmidt muss man gespannt sein, welche Veränderungen diese Beschlussempfehlung für die Weststadt mit sich bringt. Droht trotz aller gegenteiligen Beteuerungen damit auch wieder die Gefahr der Errichtung der „großen Klötze“? Der Verwaltungsausschuss berät die Vorlage am 17. 12. 2024 nicht-öffentlich, und der Rat der Stadt Leer entscheidet darüber am 18. 12. 2024 abschließend in öffentlicher Sitzung.